Tesbericht
Euphya
Alliance 250
in
Image HiFi
Ausgabe 42

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Inhalt



 
Merci beaucoup, Microdécharges d'Interface!? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass der Euphya ein bemerkenswertes Gespür für Schwingungen besitzt. Dass er Unterschiede in Attacke, dynamischer Tonentwicklung und im Ausklang von Instrumenten lustvoll und lässig darstellen kann. Dass er in der Lage ist, Stille und Pausen - so sie auf dem Tonträger auch gespeichert sind - "richtig" darzustellen, also beispielsweise leises Atmen und Umgebungsgeräusche sinnstiftend zu integrieren und Pausen in der Musik nicht zuzukleistern oder zu verschleifen.

Als ich eine CD mit Mendelssohn-Konzerten in den Player lege, erwachsen etwa die Streicherklänge mit der für das auf Originalinstrumenten spielende Concerto Köln typischen Griffigkeit und Präsenz scheinbar aus dem "Nichts" - das natürlich kein Nichts ist, sondern aus Konzertsaal-Atmosphäre und verdichteter orchestraler Spannung besteht. Und der Euphya weiß das mühelos zu transportieren. Überhaupt steht der kompakte Franzose an der Grenze von sonorer Überlegtheit zur Überlegenheit. Er hat es schlichtweg nicht nötig, mit irgendwelchen Effekten künstliche Spannung zu erzeugen, wenn es davon doch so viel auf jeder Scheibe zu entdecken gibt. Er behält auch im Detailgewitter den Überblick, zoomt den Fokus nicht unnötig hin oder her, sondern fügt die unterschiedlichen tonalen Bereiche der Streichergruppen zu einem faszinierenden, lebendigen Geflecht zusammen und ermöglicht damit den Einblick in echtes "interaktives" Ensemblespiel.

Der Alliance 250 geht dabei erheblich geschmeidiger zu Werke als etwa ein Creek 4330, ohne diesen an reiner Leistung zu übertrumpfen. Doch in puncto innere Kraft, Eleganz und Definition der Töne zieht der Euphya davon. Farbenfroh und leuchtstark perlt die Musik. Der sportliche, schlank proportionierte, niemals eingedickte Bass harmoniert vortrefflich mit den hoch auflösenden und ausgedehnten, aber trotzdem runden Höhenlagen. Über die für mein Empfinden vielleicht elementarste Disziplin - das berühmte "Timing" oder auch die "Zeitgleichheit" - habe ich deswegen noch kein einziges Wort verloren, weil der Euphya einfach alles richtig macht. In meinen umfangreichen Notizen finde ich nicht eine einzige Bemerkung, die sich mit dem Takt, dem Beat, dem Rhythmus der Musik auseinandersetzt. Und das ist gut so, bedeutet es doch nichts anderes, als dass der 250er auf den Punkt spielt. Und da bin ich wirklich ganz besonders empfindlich.

Es mag den einen oder anderen geben, der diesem Zeitmaßgefühl keine derartige Bedeutung beizumessen bereit ist. Doch mich macht eine Komponente über kurz oder lang nervös, die nicht in der Lage ist, Nuancen und Nuancierungen von exzellenten Schlagzeugern, von trickreich programmierten Drumloops oder höchst anspruchsvollen Percussionisten zu transportieren. Und glauben Sie mir: muffelige Schlafmützen, Trantüten und unmotiviert herumstochernde Taktluschen gibt es nicht nur bei Lautsprechern, sondern auch bei Elektronik. Doch ob Mambo Kings oder Stewart Copland, ob Kraftwerk oder Wiener Philharmoniker: Der Euphya Alliance 250 spielt rhythmisch extrem präzise und bietet mir nicht den geringsten Anlass zur Kritik.

In Verbindung mit seinen erstaunlichen dynamischen Fähigkeiten - über passende Lautsprecher auch ergreifend grobdynamisch - vermittelt der Euphya feinste Strukturen in der Musik, die das Gehörte zum echten Erlebnis machen und das Wohnzimmer-Auditorium vergessen lässt, dass hier doch eigentlich nur ein kleiner, doch eher unscheinbarer Verstärker am Werk ist.

In der Tat besitzt der Euphya das Potenzial zum Kultobjekt, und zwar nicht wegen seines Äußeren, sondern wegen seiner klanglichen Qualitäten. Und wenn sich jemand besonders durch den optischen Eindruck des Verstärkers angesprochen fühlt, jedoch eine komplette Kette von Euphya vermisst: Laut Vertrieb sind die Franzosen momentan eifrig mit der Entwicklung eines Tuners und eines CD-Players beschäftigt - selbstverständlich unter Berücksichtigung der Erkenntnisse von Pierre Johannet. Wer weiß, vielleicht stellt sich die audiophile Welt tatsächlich in ein paar Jahren anders dar, weil mehr und mehr Hersteller den klanglichen Einfluss von MDI beachten... Nach der brillanten Vorstellung dieses kleinen, feinen und alles andere als teuren Vollverstärkers kann man dem musikbegeisterten Ingenieur nur alles Gute und viel Erfolg wünschen. Und das Auditorium 23 hält mit dem Euphya einen preiswerten Musikmittler parat, der zugegebenermaßen nicht an die bedingungslos emotional anrührende Art des fantastischen Lundahl MagAmp heranreicht, dafür aber einen Phonozweig, eine deutlich höhere Ausgangsleistung und eine Fernbedienung frei Haus liefert. Muss ja keiner wissen, dass ich die Lautstärke mit der Steuerung des Linn Ikemi regele...