Übersetzung
aus dem
Lautsprecher-
buch von
Jean Hiraga,
publiziert
1981 bei
Edition
Fréquences,
Paris



Seite 2





































































































































































































Inhalt

 
Der WE 555 W wurde mit 7 Volt bei 1,5 Ampère versorgt und erreichte eine für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Feldstärke von 20.000 Gauss (2 Tesla) im Luftspalt. Ermöglicht wurde das durch die Ausbildung der Polplatte und die Auswahl der Materialien, für die Polplatte fand man eine Legierung hoher Permeabilität die u. a. Kobalt und Nickel enthielt. Die Feldstärke wurde später aus thermischen Gründen etwas zurückgenommen.

Nach Théodore Osmer, der an der Entwicklung des Lautsprechers beteiligt war, wäre grundsätzlich durch Erhöhung der Feldspannung ein Wert von 22.000 Gauss erreichbar gewesen. Osmer, der mit Wente und Thuras für Bell Systems arbeitete, hatte eine Methode zur Messung des Wirkungsgrads von Druckkammertreibern entwickelt. Bell Systems hat diese Arbeiten immer wieder publiziert, ein wichtiger Artikel stammt vom 2. März 1928.




Der Frequenzgang des Treibers wird in Abb. 191 dargestellt, in Verbindung mit dem 15A-Horn ergibt sich eine gleichmässige, leicht ansteigende Kurve die auf ein gehörmässig ausgewogenes Ergebnis schliessen läss (Abb. 192).




Wegen seiner Robustheit und seiner erstaunlichen Leistungsfähigkeit wurde dieses System über lange Jahre hin zur Beschallung grosser Säle verwendet, es war übrigens auch die teuerste Anlage ihrer Zeit. Altec entwickelte damals für den 555 W eine eigene Membran mit der Bezeichnung 20203A.





(Abb. 193, 194, 195 zeigen den Treiber 555 W und die Hörner WE KS6368 und WE 15B)





Die klangliche Definition des Treibers war trotz einer etwas eingeschränkten Bandbreite erstaunlich. Mit dem WE 597 wurde ein passender Hochtöner angeboten und unter der Bezeichnung WE 294A ein imposantes Bass-Mittelton-Chassis. Wente und Thuras hatten darüber hinaus einen Basstreiber für den Bereich bis 30 Hz konzipiert der aus Preisgründen leider nie verwirklicht wurde. Den Unterlagen lässt sich entnehmen, dass wenigsten vier solcher 4Weg- Systeme das Versuchsstadium erreichten und damit schon 1928 einen Frequenzumfang von 30 - 18.000 Hz boten.





Nur mit dem von den Entwicklern angegebenen Wirkungsgrad von 30 - 50 Prozent war das perfekte dynamische Verhalten zu erreichen. Aus Abb. 196 geht hervor, dass eine der Schwingspule zugeführte Leistung von 3 Watt eine akustische Leistung von ca. 110 dB/1 m ergibt. Die Beziehung von zugeführter Leistung und Lautstärke ist praktisch linear, bei modernen Lautsprechern mit sehr geringem Wirkungsgrad (z.B. mit weicher Kalotte) ist eher das Gegenteil der Fall. Der Versuch die mangelnde Empfindlichkeit mit höherer Verstärkerleistung zu kompensieren gelingt nur teilweise, da man schnell in den Bereich akustischer Sättigung gerät. Bei der Verwendung von impulsförmigen anstelle von sinusförmigen Signalen wird der Unterschied noch deutlicher. Der dargestellte Zusammenhang erklärt auch den hohen Grad klanglicher Definition und den Eindruck, dass dieser Mitteltontreiber auch Hochton “kann“.

Die hier geschilderte Perfektion sowohl in der theoretischen Konzeption wie in den praktischen Details erklärt die hohe Wertschätzung des Treibers und die vielen Versuche, ihn zu kopieren und zu verbessern. Die grundsätzliche Auslegung aus dem Jahre 1928 war so ausgefeilt, dass auch spätere rechnergestütze Simulationen immer wieder zu Ergebnissen führten, die betr. Abmessungen, Gewicht, Nachgiebigkeit, optimalem Durchmesser und Rauminhalt erstaunlich nahe am 555 W lagen.

Wenn man nur die tangentiale Aufhängung, die Flachdraht-Schwingspule oder den Phaseplug betrachtet ist der Vorsprung von Western Electric gegenüber den meisten anderen Druckkammer-Treibern bemerkenswert.

Ein Blick auf die Anschlüsse für Schwingspule und Feldversorgung zeigt, dass sie “kolbenförmig“ ausgeführt sind: die Betätigung der Rändelschraube bewegt einen Zylinder, der den Anschlussdraht in einer Bohrung festklemmt und dabei sowohl für mechanischen Halt wie für eine grosse Kontaktfläche sorgt. Diese Art der Befestigung ist eine WE-Erfindung, sie wurde sowohl von Altec und J.B.L. wie später von einigen japanischen Herstellern (Pioneer, Coral, Fostex, etc.) übernommen.

Erfindern wie Wente und Thuras ist es zu verdanken, dass der hier vorgestellte Lautsprecher über den Bereich der theoretischen Beschreibung oder der musealen Existenz ins Praktische gehoben wurde.